Pit über kranke Gesundheitspolitik

Sozial geht anders! - 5/2011 


pits aktueller Kommentar (20-11)

Schon angemeldet? Rechtzeitig Zahnarzttermin einplanen und sparen!


Sie hatte immerhin 23 Jahre Bestand – die Gebührenordnung für Zahnärzte. Mit Jahresbeginn 2012 gilt nun eine neue.
Das versteht sich nach so langer Zeit, „denn so manche Behandlungsmethode hat es damals noch gar nicht gegeben, die heute zum Standard gehört“.
So weit ist auch die zuverlässig kritische gesundheitspolitische Kommentatorin von „Neues Deutschland“ einverstanden (21.6.). Und gibt anschließend gleich einer anderen Wahrheit die Ehre:
„Zahnarztrechnungen sind auch ohne angepasste Gebührenordnung in der Vergangenheit jedes Jahr höher geworden.“ Zahnärzte würden bestimmt nicht „zu den benachteiligten Medizinern dieses Landes“ gehören.

Die neue Gebührenordnung soll in erster Linie die Bezahlung der Zahnärzte seitens der Privatpatienten regeln, betrifft aber auch jene Leistungen für Mitglieder der gesetzlichen Kassen, die über den „Standard“ hinausgehen. Genau da setzt Beschwichtigung an: Es handele sich für die meisten Patienten doch „nur“ um Leistungen oberhalb des Standards. Doch: Laut AOK werden 60 % des Zahnersatzes nach der privaten Gebührenordnung abgerechnet. Der AOK-Verband schätzt die Mehrkosten für gesetzlich Versicherte auf insgesamt rund 280 Mio Euro.

Nach Einschätzung der privaten Krankenkassen (8 Mio Mitgl.) werden die Deutschen 2012 „deutlich mehr für Zahnbehandlungen ausgeben müssen, als bisher erwartet – und zwar unabhängig davon, wo sie versichert sind“ (70 Mio in gesetzl. Krankenkassen). So berichtete die „Berliner Zeitung“ (15.6.). Der SUPERillu-Ratgeber (28/2011) titelte: „Zahnbehandlungen werden teurer …“ Johann Magnus von Stackelberg, der Vizechef des Verbandes der gesetzlichen, sagte der „Berliner …“, dass „beispielsweise eine Vollkrone beim Zahnarzt um etwa 74 € teurer“ werde.

Der Verband der privaten Krankenkassen wirft dem Gesundheitsministerium (ebenfalls laut „Berliner …“) in ungewöhnlich scharfer Form vor, den Kostenanstieg herunterzuspielen – mit der Angabe, er betrüge nur 6 %. Der Verband meint, dass „an sich keinerlei Kostensteigerung angebracht“ sei. In dem Bereich der privaten Krankenversicherung wären zwischen 1999/2009 die Ausgaben für die zahnmedizinische Versorgung um 42 % angestiegen. Das Gesundheitsministerium hält entgegen, die Zahnärzte hätten statt der gewährten 6 % eine Honorarsteigerung von 69 % gefordert. Verwirrend!

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Es wird schon so schlimm nicht werden? Klar, es gibt immer noch Schlimmeres. Doch für unbegründete Hoffnungen kennt der Volksmund die hier passende Redensart: „Den Zahn lass’ dir mal ziehen!“
Das Ziehen der Zähne wird die Krankenkasse als Standardleistung weiter bezahlen. Das ist aber doch ein begrenztes, ein endliches Problem. Es geht um das, was dem Ziehen folgt …“

Wer den Zahnarzt meidet, erspart sich vielleicht Ärger. Freilich, aber nur solange ihn der Schmerz nicht treibt. Und er die Folgen der Verweigerung verdrängen kann, vor denen der Fachmann warnt.

Die zahnärztliche Behandlungsintensität ist nach Regionen, Altersgruppen und Geschlecht unterschiedlich. Sachsen und Thüringer kommen im Jahresverlauf auf 2,4 Besuche beim „Zahnklempner“, Saarländer auf nur 1,8 – haben die bessere Zähne? Für Frauen werden im bundesweiten Durchschnitt pro Jahr 106 €, für Männer 99 € zahnärztliche Behandlungskosten verbucht; doch die Differenz verringert sich mit dem Alter.

Rolf Ulrich Schlenker vom Vorstand der Barmer / GEK fragt im ersten Zahnreport der Krankenversicherung, ob mehr Angst oder zunehmende private Finanzierungsanteile wohl vom Zahnarztbesuch abhalten. Link


Im Konkreten zeigt sich immer auch Allgemeines. Das Detail hat Züge des Ganzen.
„Teuer, demütigend und aus Prinzip unsozial“, so hat der SPD-Gesundheitsexperte Prof. Dr. Karl Lauterbach, von Beruf selber Mediziner, schon 2007 das deutsche Gesundheitswesen charakterisiert. SPIEGEL 24-07
Das ist allerdings letztlich Ergebnis von Politik, an der seine Partei mit Konzepten wie Kompromissen mitgewirkt hat.

 

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