Pit über kranke Gesundheitspolitik

„Gesundheit wird für Versicherte teurer" So hatte die „Berliner Zeitung" (27.5.) mir schon die schwarz-rote Reform angekündigt, die die aktuelle Ausgabe der ver.di-NEWS (11.6.) als „hochgradig ungerecht" bezeichnet. Weil: „Die Koalition bürdet künftige Kostensteigerungen allein den Versicherten auf." Reicht den Krankenkassen das Geld nicht, können sie Zusatzbeiträge erheben – aber allein (!) zulasten der Lohn- und Rentenabhängigen. Der SPD-Linken ist nicht wohl bei so einer Entscheidung, die ihre Partei als Koalitionspartner mitverantwortet. Das ist ehrenwert und mag ihr zugute halten, wem danach zumute ist. Die Sprecherin dieser Gruppierung Hilde Mattheis beschwichtigt noch, der Arbeitgeberanteil sei „nicht für alle Zeiten festgeschrieben". Die Hauptstadtzeitung legt den Finger in die Wunde: „Im Koalitionsvertrag steht dazu allerdings nichts." Beruhigen sollte unsereins wohl vorab, was im April aus dem Presse- und Informationsamt der Bundesregierung verlautete: Damit die Beiträge zur Krankenversicherung für die Versicherten bezahlbar bleiben, würde „der Preisstopp für Arzneimittel bis Ende 2017 verlängert". Als kleines Trostpflaster kommt daher, dass der Beitrag für die gesetzlichen Krankenkassen erst einmal sinken sollte. Das verhieß Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) noch im März: „Im nächsten Jahr können nach unseren Berechnungen … etwa 20 Mio Versicherte durch geringere Beiträge entlastet werden.” So zitierte „Ärztezeitung online” den um großsprecherische Worte nicht verlegenen Minister. Die Vorsitzende des Krankenkassen-Spitzenverbandes Doris Pfeiffer widerspricht: „Jede Kasse ist gut beraten, nicht auf den kurzfristigen Erfolg einer Beitragssenkung zu setzen, wenn sie dann im Folgejahr den Beitrag wieder anheben muss." Vom „Generalanzeiger” (5.6.) nach der Schmerzgrenze befragt, von der ab auch der Arbeitgeberanteil wieder steigen müsste, gibt Gröhe eher kleinlaut kund und zu wissen, „er halte nichts davon, über steigende Lohnnebenkosten zu reden”. – Aha! --------------------------- Überrascht uns all das? Zumindest die Leser der “Süddeutschen Zeitung” - aber nicht nur die – konnten beizeiten erfahren: "Gesundheitspolitik, die sich an Bedürfnissen der Patienten orientiert, ist im Koalitionsvertrag nicht zu erkennen. Auch in Zukunft werden gesetzlich Versicherte länger auf Arzttermine warten und Privatversicherte öfter unnötig untersucht. Dass sich die einkommensstärksten zehn Prozent der Bevölkerung dem Solidarprinzip entziehen, scheint niemanden mehr zu stören - das Konzept der Bürgerversicherung ist nicht mal im Ansatz zu erkennen. Patientenorientierung, das hätte auch bedeutet, künftig nur zu bezahlen, was nützt und hilft. Ein Nutzen muss nicht belegt sein. Das Krankenhaus ist zum WarWenn dann aber die KV-Beiträge auf breiter Front steigen, sieht sich die SPD in Erklärungsnöten. Sie hat zwar in den Koalitionsverhandlungen die sozial gerechte und letztendlich effektivste Lösung vertreten: die Bürgerversicherung, bei der jede/r von allen Einkommensarten zur Finanzierung der Volksgesundheit nach dem Maß des Möglichen beizutragen hätte. Und Beitragssenkungen zu finanzieren wären. Aber sie hat dieses Konzept wieder einmal nicht durchsetzen können, die Unterstützung der Gewerkschaften dafür nicht zu nutzen verstanden!
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