Pit über kranke Gesundheitspolitik


An den Bedürfnissen der Patienten vorbei


Das war vor Jahresfrist die unmissverständliche Einschätzung von Dr. med. Werner Bartens in der „Süddeutschen Zeitung“ (2.12.) zu Verabredungen der großen Koalition:

„Eine Gesundheitspolitik, die sich an Bedürfnissen der Patienten orientiert, ist im Koalitionsvertrag nicht zu erkennen.“

Auch in Zukunft würden gesetzlich Versicherte länger auf Arzttermine warten und Privatversicherte öfter unnötig untersucht. Dass sich die einkommensstärksten 10 % der Bevölkerung dem Solidarprinzip entziehen, scheint da niemanden zu stören – das Konzept der Bürgerversicherung sei nicht mal im Ansatz zu erkennen.

„Hasenfüßig“ nannte der Mediziner die Einigung. Was hat sie überhaupt bewirkt?

Der Berliner CDU-Gesundheitssenator sieht nicht, dass sich inzwischen bei der Situation der Wartezimmer viel geändert hätte.  

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Die Gesundheitsunterhändler von Union und SPD waren sich 2013 darüber einig geworden, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen künftig für gesetzlich Krankenversicherte verbindliche Facharzttermine innerhalb von vier Wochen zu gewährleisten haben. Ausgangspunkt waren Berichte, wonach man besonders in ländlichen Regionen oft monatelang auf Arzttermine warten müsse.

„Drei Stunden im Wartezimmer“ haben wir vor einem Jahr in fetten Lettern auf den Regionalseiten der „Berliner Zeitung“ gelesen. Niemand kann behaupten, dass da inzwischen glücklich Überwundenes beschrieben ist.

Doch Medizinermangel gibt es in der Hauptstadt nicht wirklich, vermeldet diese doch auch einen besonderen Zulauf ausländischer Ärzte.

Das gilt auch bundesweit. Da hat sich die Anzahl ausländischer Mediziner zwischen 2002 und 2011 auf rund 25.000 verdoppelt – besonders viele kamen aus Ungarn und Rumänien – wegen hierzulande besserer Verdienstmöglichkeiten. Deutschland hat so viele Ärzte wie nie zuvor.

Der Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte tritt der trotzdem weiter strapazierten „Mär vom Ärztemangel“ energisch entgegen.

Mit Blick auf die Flächenländer wird aber zu Recht mangelhafter Besatz mit Hausärzten, deren Überalterung viel beklagt. Nicht weniger gravierend erscheint die Dichte an Fachärzten. „Während bei den Hausärzten zwei Drittel der Patienten ohne Termin behandelt werden, sind es bei den Fachärzten knapp ein Drittel“, informierte die Kassenärztliche Bundesvereinigung auf Grund einer Patientenbefragung.

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Gehen die Verantwortlichen etwa von falschen Prämissen aus? Immer mehr Alte seien heute „fit wie ihre Turnschuhe“, tönen Politiker, die die Ollen am liebsten noch und noch malochen lassen möchten, mehr über Zuverdienstmöglichkeiten als über auskömmliche Renten und flächendeckende Gesundheitsversorgung ohne regionale soziale Privilegierung reden.

Bemerken sie etwa nicht, dass immer mehr von uns mit Krückstöcken und Rollatoren und dann gar nicht mehr unterwegs sind? Für einige dieser „Experten“ zahlt sich solche Blindheit bekanntermaßen durch Zuwendungen von Banken und Versicherungen aus, wie für Basta-Kanzler Schröders Spezialisten für „eigenverantwortliche Altersvorsorge“ Riester.

Hier wären noch diverse Kritikpunkte im einzelnen anzusprechen, wie es Gewerkschaften und Sozialverbände immer wieder tun. Doch das Erzübel, die Wurzel für Ungleichbehandlung ist das Unvermögen der Sozialdemokraten, in dieser Koalition die Bürgerversicherung für alle durchzusetzen. Eine Versicherung, „die alle Einwohner zu identischen Bedingungen versichert. Damit entfällt für die Ärzte der Anreiz, Rosinenpickerei zu betreiben.“ – „Berliner Zeitung“, 31.3.2014

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Aktuell aus dem Nachrichtenticker: Der „Gemeinsame Bundesausschuss“, oberstes Beschluss­g­re­mium der Selbst­ver­wal­tung der Ärzte, Zahn­ärzte, Psycho­the­ra­peuten, Kran­ken­häuser und Kran­ken­kassen in Deut­sch­land.“ will sich erneut mit den Wartezeiten auf den Arzttermin und im Ärztewartezimmer befassen.   Link

                                                                                                                                    1.4. 2014


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