Pit über kranke Gesundheitspolitik

Sozial geht anders! 6-2011


pits aktueller Kommentar (22-11)

Mediziner zu Millionären? 



„Wer’s denn verdient“, höre ich schon mal generös sagen. Heißt es doch bei Alt wie Jung immer wieder: „Hauptsache gesund!“ Und das trifft auf ziemlich viele von uns Ollen nicht mehr ohne weiteres zu, und manche benutzen – mit oder ohne den Blick gen Himmel – gern die Beschwörungsformel: „Bitte keine neuen Krankheiten!“ 

Im InternetSeniorenClub von ver.di wies mal jemand darauf hin, dass unsere praktizierenden Ärzte auch Arbeitgeber sind, und da wären Arbeitsplätze zu sichern.

Wie dem auch sei – alle paar Tage über Arzthonorare in den Zeitungen zu lesen, das stinkt doch allmählich. Diese Gruppe gehört ja nicht gerade zu den sozial Benachteiligten. Freilich beschäftigt das die Krankenkassen, sind doch ihre Kalkulationen davon betroffen. Und im weiteren dann schließlich die Geldbeutel der Versicherten, Zusatzbeiträge sind inzwischen eine echte Bedrohung der gesetzlichen Krankenkassen und ihrer Mitglieder geworden.

Die Website des Büros gegen Altersdiskriminierung entnahm dem Kölner Stadtanzeiger (8.6.), die Arzthonorare seien insgesamt seit 2007 um 5,6 Mrd. € gestiegen. „Nun soll ein neues Versorgungsgesetz in Kraft treten, der Referentenentwurf dazu liegt vor.“ Die Honorare der niedergelassenen Ärzte würden dadurch ohne jede Verbesserung für die Patienten 2013 um weitere 2,7 Mrd. € steigen, zu Lasten der Versicherten, der ArbeitnehmerInnen und RentnerInnen. Die Regelung gleiche einer „Gelddruckmaschine für die Ärzte“, sagt ein Herr von Stackelberg, stellvertretender Vorsitzender des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

Ulla Schmidt (SPD), langjährige, auch oft gescholtene Gesundheitsministerin vorangegangener Bundesregierungen, wird von einem Ärztetag mit der Bemerkung zitiert, die Politik sei nicht dazu da, Mediziner zu Millionären zu machen. Was ihr da Buhrufe einbrachte.
„Doch seit die FDP das Gesundheitsministerium führt, ist die Harmonie ausgebrochen“, berichtet die „Berliner Zeitung“ (1./2.6.) vom diesjährigen Ärztetag. Der Minister Daniel Bahr „machte … deutlich, dass er nichts mehr gegen, aber sehr viel für die wichtigste Wählergruppe der FDP tun wird“. Und stellte „eine leistungsgerechte Vergütung“ in Aussicht.

Keine Frage: Auch die Ärzte können erwarten, dass sie gerecht entlohnt werden. Und unter uns Patienten hat sich herumgesprochen, dass es regional und nach Ärztesparten, nach der konkreten Ausstattung der Praxen Entgelt-Unterschiede gibt, die wie Ungereimtheiten erscheinen.

Nachdenklich macht unsereinen, dass sich die privaten Krankenkassen offenbar stärker den Ansprüchen der Ärzteorganisationen widersetzen als die gesetzlichen. Den scheidenden Ärztepräsidenten Jörg-Dietrich Hoppe erfreut die „neue Offenheit und Dialogkultur“ bei der FDP. Aber: „Mit scharfen Worten zog Hoppe über die private Krankenversicherung (PKV) her, eine Klientel der FDP.“ – „Berliner Zeitung“ Sie würde die Ärzte mit „infamen Unterstellungen über Mehrausgaben an den Pranger“ stellen.

Immerhin sagte Hoppe auch seinen Ärztekollegen Kritisches zu den umstrittenen individuellen Gesundheitsleistungen. „Offenbar lässt sich nicht länger ignorieren, dass immer mehr Patienten klagen, ihnen würden diese Leistungen von den Ärzten regelrecht aufgedrängt.“

Das ist freilich für uns Patienten keine „Entwarnung“.

Nach einer repräsentativen Umfrage der AOK hat jeder vierte Versicherte 2010 eine ärztliche Leistung selbst bezahlt. Dabei sei in reichlich der Hälfte der Fälle die rechtliche Bestimmung nicht befolgt worden, eine schriftliche Vereinbarung zu treffen. Jeder siebte Patient erhielt keine Rechnung. Die Initiative für die Sonderleistung ging meist vom Arzt aus, vor allem Gutverdiener wurden angesprochen.

Die Deutschen Internisten teilten nach dem Wechsel an der Spitze des Gesundheitsministeriums mit, ihr Verband setze darauf, dass der Neue „die Liberalisierung im Gesundheitswesen weitertreiben“ wird. – „Neues Deutschland“ 12.5.

Zum Wahljahr 2013 werden für die Ärzte schon Wahlgeschenke vorbereitet – siehe oben! 

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